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A23: Digitale Freiheitsrechte stärken – Für eine grundrechtskonforme Sicherheitspolitik im digitalen Raum

Diese Tabelle beschreibt den Status, die Antragstellerin und verschiedene Rahmendaten zum Antrag
Rahmendaten zum Antrag
Veranstaltung:Landesparteitag S-H November 2025
Tagesordnungspunkt:21 Anträge
Antragsteller*in:Kirsten Bock, Norbert Tretkowski (Sprecher*innen LAG Medien und Netzpolitik), Maya Diederichs, Moritz Bührmann (Sprecher*innen LAG Demokratie und Recht), Sebastian Bonau, Konstantin von Notz, Jörn Pohl (dort beschlossen am: 23.10.2025)
Status:Modifiziert
Verfahrensvorschlag:Übernahme
Angelegt:24.10.2025, 11:03
Antragshistorie:
Version 1(24.10.2025)
Version 2(21.11.2025) Änderungen anzeigen

Antragstext

Der Landesparteitag möge beschließen:

  1. Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein wird
    aufgefordert, sich für den Einsatz von grundrechts- und
    datenschutzkonformen, transparenten und quelloffenen Analysesystemen in
    Sicherheitsbehörden einzusetzen. Dabei soll die im Koalitionsvertrag
    verankerte digitale Souveränität durch den Einsatz deutscher oder
    europäischer Softwarelösungen, bestenfalls Eigenentwicklungen, gestärkt
    werden.
  1. Bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität setzt sich die Landtagsfraktion
    für Lösungen ein, die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Grundpfeiler
    digitaler Sicherheit bewahren und stärken. Das Recht der Nutzer*innen auf
    anonyme und pseudonyme Nutzung ist zu stärken. Hierzu ist die
    Landesregierung aufzufordern, ein Konzept zu erarbeiten, wie
    Strafverfolgungsbehörden effektiv arbeiten können, ohne
    Verschlüsselungstechnologien zu schwächen.
  1. Für den Einsatz von Datenanalysesystemen ist ein Kriterienkatalog zu
    entwickeln, der folgende Aspekte umfasst und gesetzlich hinreichend
    bestimmt festgeschrieben wird:
    1. Transparenz der Algorithmen und Entscheidungsprozesse,
      Entscheidungen müssen den Grundsätzen des Rechts folgen, also
      nachvollziehbar sein

    2. Datensparsamkeit und strenge Zweckbindung

    3. Regelmäßige unabhängige Evaluierung der Systeme durch unabhängige
      Wissenschaft und/oder Aufsichtsbehörden

    4. Klare Löschfristen für erhobene Daten

    5. Besonderer Schutz von Personen, die aufgrund von Zeugenschaft, als
      Begleitpersonen etc. im System registriert werden

    6. Ausschluss biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum
      ("intelligente Videoüberwachung") sowie keine anlasslose
      Massenüberwachung a la Vorratsdatenspeicherung im digitalen Raum

    7. Kein automatischer Abruf aus Registern

    8. Speicherung von Daten ausschließlich in vom Bundesamt für Sicherheit
      in der Informationstechnik (BSI) zertifizierten, deutschen oder
      europäischen Rechenzentren

    9. Ausschluss von "Predictive Policing"

    10. Nachvollziehbares Rollen- und Zugangsmanagement, das den Einsatz des
      Werkzeugs protokolliert und unrechtmäßigem Einsatz vorbeugt
  1. Die Landtagsfraktion setzt sich für die Förderung und Entwicklung
    deutscher oder europäischer Alternativen zu proprietären
    Überwachungssystemen wie diejenigen des hoch umstrittenen US-Unternehmens
    Palantir aus dem direkten Umfeld von Präsident Donald Trump ein. Hierfür
    sollen auch Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und deutschen wie
    europäischen Technologieunternehmen angestrebt werden.
  1. Die nachträgliche Identifizierung einzelner verdächtiger Personen zur
    Abwehr dringender und gewichtiger Gefahren, etwa durch einen Abgleich im
    Internet, kann in eng begrenzten und klar geregelten Ausnahmefällen ein
    wichtiges Instrument für die Sicherheitsbehörden sein. Die damit
    verbundenen tiefen Grundrechtseingriffe erfordern jedoch hohe
    rechtsstaatliche Sicherungsmechanismen. Insbesondere muss sichergestellt
    sein, dass die technische Umsetzung verfassungs- und europarechtskonform
    möglich ist. Inwieweit das tatsächlich möglich ist, ist derzeit noch
    unklar. Ein Verfahren, um die Einhaltung dieser Prinzipien zu überprüfen
    und zu gewährleisten, kann die Einrichtung eines KI-Reallabors (Art. 59
    Abs. 2 KI-VO) für Sicherheitsbehörden sein. Dort könnten in sicherer
    Umgebung unter Einbindung von Aufsichtsbehörden souveräne, passgenaue und
    rechtskonforme Lösungen entwickelt werden. Da es sich um einen
    tiefgreifenden Grundrechtseingriff handelt, können dies nur Verfahren
    sein, die eine solche Identifizierung unter strenger Beachtung von
    Verfassungs- und Europarecht ermöglichen und gleichzeitig den Schutz der
    Persönlichkeitsrechte gewährleisten.

Begründung

Die digitale Transformation stellt unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit. Der im Koalitionsvertrag 2022-2027 verankerte Anspruch auf digitale Souveränität steht im Widerspruch zum Einsatz proprietärer Überwachungssoftware aus Drittstaaten wie der Einsatz von Software des hoch umstrittenen US-Unternehmens Palantir aus dem direkten Umfeld von Präsident Donald Trump. Die zunehmende Tendenz, umfassende Datenanalysesysteme ohne ausreichende Rechtsgrundlagen und demokratische Kontrolle einzusetzen, gefährdet Grundrechte und untergräbt das Vertrauen der Bürger*innen in staatliches Handeln. Wie aktuelle Entwicklungen in anderen Bundesländern zeigen, besteht zudem die Gefahr einer schleichenden Ausweitung staatlicher Überwachungsbefugnisse. Deutsche und europäische Alternativen mit erheblichen Vorteilen mit Blick auf den notwendigen Grundrechtsschutz und die Beachtung höchstrichterlicher Vorgaben sind längst verfügbar oder können bestenfalls, das hat EUROPOL gezeigt, unter vollumfänglicher Einbeziehung der Datenschutzaufsichtsbehörden entwickelt werden. Die Berlin Group (Internationale Arbeitsgruppe für Datenschutz in der Technologie) hat Richtlinien für den datenschutzkonformen Einsatz von Gesichtserkennungstechnologien erarbeitet, die als Grundlage für eine verantwortungsvolle Nutzung dieser Technologien dienen können. Auch während der Anhörung des Innenausschusses des Bundestags zum sogenannten „Sicherheitspaket“, dass die letzte Bundesregierung vorgelegen hat, hat wichtige Hinweise für einen grundrechtskonformen Einsatz gegeben, die zwingend beachtet werden sollten. Diese Richtlinien und Vorgaben sollten in Schleswig-Holstein konsequent beachtet und umgesetzt werden.

Der Koalitionsvertrag betont die Bedeutung von IT-Sicherheit, digitaler Souveränität und eines effektiven Daten- und Grundrechtsschutzes. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist dabei ein zentrales Element zum Schutz der digitalen Kommunikation. Eine Schwächung dieses, auch gesetzlich verbrieften Rechts der Nutzer*innen würde nicht nur die Privatsphäre der Bürger*innen und ihre informationelle Selbstbestimmung gefährden, sondern auch die IT-Sicherheit insgesamt untergraben.

Mit diesem Antrag bekräftigen wir unsere Verpflichtung, digitale Grundrechte zu schützen, auszubauen und gleichzeitig den Sicherheitsbehörden effektive Werkzeuge zur Bekämpfung von Kriminalität an die Hand zu geben, die ihnen nicht regelmäßig von höchsten Gerichten wieder aus der Hand geschlagen werden. Wir verweisen darauf, dass Sicherheit und Freiheit keine Gegensätze sind, sondern sich vielmehr gegenseitig bedingen.

Anträge in einfacher oder leichter Sprache

Es sollen grundrechts- und datenschutzkonforme Analysesysteme eingesetzt werden.

Diese sollen von deutschen oder europäischen Firmen kommen.

Verschlüsselung und anonyme Nutzung müssen gestärkt werden.

Kriterienkatalog:

  • Entscheidungen der Software müssen nachvollziehbar sein
  • So wenig Daten speichern wie nötig
  • Prüfung der Software
  • Daten müssen gelöscht werden
  • Erfasste Zeugen und Begleitpersonen müssen geschützt werden
  • Keine Videoüberwachung im öffentlichen Raum
  • Keine Vorratsdatenspeicherung
  • Daten nur in zertifizierten Computerräumen speichern
  • Keine Polizeiarbeit wegen Wahrscheinlichkeit von Straftaten
  • Zugriff auf das System einschränken und dokumentieren

Suche nach Personen im Internet nur in Ausnahmefällen.

Gehe zu Zeile:

Unterstützer*innen


  • Florian Juhl (OV Pinneberg)
  • Melissa Sieber (KV Schleswig-Flensburg)
  • Jessica Leutert (KV Kiel)
  • Marcel Beutel (KV Ostholstein)
  • Lutz Sonntag (KV Flensburg)
  • Zoé Engel (KV Lübeck)
  • Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
  • Jennifer Herbert (KV Kiel)
  • Markus Suhr (KV Rendsburg-Eckernförde)
  • Lasse Bombien (KV Rendsburg-Eckernförde)
  • Susanne Lohmann (KV Stormarn)
  • Fabian Osbahr (KV Segeberg)
  • Jan Kürschner (KV Kiel)
  • Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
  • Carsten Nielsen (KV Flensburg)
  • Robert Lemke (KV Lübeck)
  • Maria Fischer (KV Schleswig-Flensburg)
  • Lorenz Mayer (KV Segeberg)
  • Conny Clausen (KV Flensburg)
  • Sebastian Rautert (KV Pinneberg)
  • Stefan Lansberg (KV Plön)
  • Jörn Peter Böning (KV Plön)
  • Silke Schiller-Tobies (KV Kiel)
  • Carina Hennecke (KV Rendsburg-Eckernförde)
  • Sascha Peukert (KV Lübeck)
  • Birgit Graf (KV Herzogtum Lauenburg)
  • Ullrich Kruse (KV Stormarn)
  • Katrin Stange (KV Pinneberg)
  • Annette Granzin (KV Ostholstein)
  • Oliver Voigt (KV Kiel)
  • Gabriele Braune (KV Ostholstein)
  • Henning In den Birken (KV Pinneberg)
  • Britta Mohr (KV Rendsburg-Eckernförde)
  • Adrian Grimm (KV Kiel)
  • Reimo Schaaf (KV Ostholstein)

Änderungsanträge

  • Ä1 (Michael Brandtner (KV Kiel), Eingereicht)

Kommentare

24.10.2025

Michael Brandtner:

Wäre es vielleicht sinnvoll, den zweiten Satz so umzuschreiben, dass es nicht klingt, als würden wir den Einsatz der Systeme fordern?

Also z.B. so:

„Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass beim Einsatz von Analysesystemen in Sicherheitsbehörden nur solche Lösungen gewählt werden, die grundrechts- und datenschutzkonform, transparent und quelloffen sind. “