A23: Digitale Freiheitsrechte stärken – Für eine grundrechtskonforme Sicherheitspolitik im digitalen Raum

Der Landesparteitag möge beschließen:

1. Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein wird
   aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass beim Einsatz von
   Analysesystemen in Sicherheitsbehörden nur solche Lösungen gewählt werden,
   die grundrechts- und datenschutzkonform, transparent und quelloffen sind.
   Dabei soll die im Koalitionsvertrag verankerte digitale Souveränität durch
   den Einsatz deutscher oder europäischer Softwarelösungen, bestenfalls
   Eigenentwicklungen, gestärkt werden.

2. Bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität setzt sich die Landtagsfraktion
   für Lösungen ein, die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Grundpfeiler
   digitaler Sicherheit bewahren und stärken. Das Recht der Nutzer*innen auf
   anonyme und pseudonyme Nutzung ist zu stärken. Hierzu ist die
   Landesregierung aufzufordern, ein Konzept zu erarbeiten, wie
   Strafverfolgungsbehörden effektiv arbeiten können, ohne
   Verschlüsselungstechnologien zu schwächen.

3. Für den Einsatz von Datenanalysesystemen ist ein Kriterienkatalog zu
   entwickeln, der folgende Aspekte umfasst und gesetzlich hinreichend
   bestimmt festgeschrieben wird:
   1. Transparenz der Algorithmen und Entscheidungsprozesse,
      Entscheidungen müssen den Grundsätzen des Rechts folgen, also
      nachvollziehbar sein
   
   
   2. Datensparsamkeit und strenge Zweckbindung
   
   
   3. Regelmäßige unabhängige Evaluierung der Systeme durch unabhängige
      Wissenschaft und/oder Aufsichtsbehörden
   
   
   4. Klare Löschfristen für erhobene Daten
   
   
   5. Besonderer Schutz von Personen, die aufgrund von Zeugenschaft, als
      Begleitpersonen etc. im System registriert werden
   
   
   6. Ausschluss biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum
      ("intelligente Videoüberwachung") sowie keine anlasslose
      Massenüberwachung a la Vorratsdatenspeicherung im digitalen Raum
   
   
   7. Kein automatischer Abruf aus Registern
   
   
   8. Speicherung von Daten ausschließlich in vom Bundesamt für Sicherheit
      in der Informationstechnik (BSI) zertifizierten, deutschen oder
      europäischen Rechenzentren
   
   
   9. Ausschluss von "Predictive Policing"
   
   
   10. Nachvollziehbares Rollen- und Zugangsmanagement, das den Einsatz des
       Werkzeugs protokolliert und unrechtmäßigem Einsatz vorbeugt

4. Die Landtagsfraktion setzt sich für die Förderung und Entwicklung
   deutscher oder europäischer Alternativen zu proprietären
   Überwachungssystemen wie diejenigen des hoch umstrittenen US-Unternehmens
   Palantir aus dem direkten Umfeld von Präsident Donald Trump ein. Hierfür
   sollen auch Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und deutschen wie
   europäischen Technologieunternehmen angestrebt werden.

5. Die nachträgliche Identifizierung einzelner verdächtiger Personen zur
   Abwehr dringender und gewichtiger Gefahren, etwa durch einen Abgleich im
   Internet, kann in eng begrenzten und klar geregelten Ausnahmefällen ein
   wichtiges Instrument für die Sicherheitsbehörden sein. Die damit
   verbundenen tiefen Grundrechtseingriffe erfordern jedoch hohe
   rechtsstaatliche Sicherungsmechanismen. Insbesondere muss sichergestellt
   sein, dass die technische Umsetzung verfassungs- und europarechtskonform
   möglich ist. Inwieweit das tatsächlich möglich ist, ist derzeit noch
   unklar. Ein Verfahren, um die Einhaltung dieser Prinzipien zu überprüfen
   und zu gewährleisten, kann die Einrichtung eines KI-Reallabors (Art. 59
   Abs. 2 KI-VO) für Sicherheitsbehörden sein. Dort könnten in sicherer
   Umgebung unter Einbindung von Aufsichtsbehörden souveräne, passgenaue und
   rechtskonforme Lösungen entwickelt werden. Da es sich um einen
   tiefgreifenden Grundrechtseingriff handelt, können dies nur Verfahren
   sein, die eine solche Identifizierung unter strenger Beachtung von
   Verfassungs- und Europarecht ermöglichen und gleichzeitig den Schutz der
   Persönlichkeitsrechte gewährleisten.