| Veranstaltung: | Landesparteitag S-H November 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 21 Anträge |
| Antragsteller*in: | Oliver Brandt (KV Herzogtum Lauenburg) |
| Status: | Modifiziert übernommen |
| Abstimmungsergebnis: | einstimmig Nein: 0, Enthaltungen: 0 |
| Antragshistorie: | Version 2 |
A14: Handlungsfähigkeit unserer Kommunen sichern!
Antragstext
Die finanzielle Situation der Kommunen in unserem Land gibt großen Anlass zur
Sorge. Aktuell entwickelt sich die Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen
immer weiter auseinander. Verantwortlich dafür ist neben strukturellen Personal-
und Sozialausgaben ein stagnierendes Steueraufkommen, dass durch aktuelle
Maßnahmen der Bundesregierung zusätzlich geschwächt wird. Bei den Kommunen liegt
etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Aufgaben, sie haben aber nur ein Siebtel
der Steuererträge. Aufgrund der steigenden Defizite können Kreise, Städte und
Gemeinden immer weniger in die notwendige Infrastruktur investieren.
Die Landesregierung hat aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung, der
allgemeinen Kostenentwicklung und der beschlossenen sowie geplanten
Steuerentlastungen der Bundesregierung ebenfalls nur begrenzte Spielräume, um
die Kommunen zusätzlich zu unterstützen.
Wir begrüßen es, dass das Land bei den Mitteln des Infrastruktursondervermögens
62,5 Prozent den Kommunen im Land zur Verfügung stellt und mit weiteren
Maßnahmen (u.a. für Ganztag, Frauenhäuser und Schwimmstätten) zusätzliche
Investitionen für die Kommunen ermöglicht.
Das allein wird aber nicht ausreichen, um die strukturellen
Finanzierungsprobleme der kommunalen Haushalte zu lösen.
Wir fordern daher die Umsetzung folgender Maßnahmen:
- Der Bund muss den Kommunen dauerhaft zusätzliche Mittel zur Verfügung
stellen, damit diese die steigenden Ausgaben decken und den Abbau von
Personal und Leistungen vor Ort verhindern können.Die zusätzlichen Mittel
können über einen höheren Anteil der Kommunen an der Einkommensteuer
aufgebracht werden, wenn wir endlich bestehende Steuerlücken in unserem
Steuersystem schließen.
- Der Bund muss sich an den Kosten der kommunal getragenen Sozialleistungen
stärker beteiligen, um eine faire Aufteilung zwischen Bund, Ländern und
Gemeinden ohne Sozialabbau zu erreichen.
- Der Bund muss endlich eine Altschuldenregelung zur Entschuldung der
Kommunen auf den Weg bringen und dabei die bereits von den Ländern wie
Schleswig-Holstein geleisteten Entlastungen berücksichtigen.
- Bei zusätzlichen Aufgaben, die den Kommunen durch Bundesgesetze auferlegt
werden, muss der Bund eine bürokratiearme Umsetzung sicherstellen oder den
zusätzlichen Aufwand auf andere Weise ausgleichen.
- Den Bund und das Land in den jeweiligen Zuständigkeiten fordern wir auf,
die an die kommunale Ebene delegierten Aufgaben zu evaluieren und zu
vereinfachen. Im Mittelpunkt steht eine praxistaugliche Gestaltung der
Verwaltungsprozesse, zum Beispiel durch stärkere Vereinheitlichung, die
Reduzierung von Einzelfallprüfungen sowie die Absenkung von Standards, wo
dies fachlich vertretbar ist.
- Bund, Land und Kommunen müssen weiter an einer Digitalisierung der
Prozesse und Entflechtung der Aufgaben der unterschiedlichen föderalen
Ebenen arbeiten. Neue oder veränderte Leistungen dürfen keine neue
Bürokratie produzieren, sondern sollen zunächst vorhandene Strukturen
nutzen. Die Kommunen, die viele gesetzliche Pflichtaufgaben umsetzen,
müssen in die Entwicklung einheitlicher, praxistauglicher Lösungen stärker
mit einbezogen sowie Abläufe wie Prozesse Ende-zu-Ende digitalisiert und
in der Gesetzgebung mitgedacht werden.
- Förderprogramme des Bundes und des Landes für kommunale Zwecke müssen in
der Beantragung und der anschließenden Kontrolle deutlich vereinfacht und
an die Bedarfe der Kommunen angepasst werden. Wir setzen uns für
transparente und gerechte Vergabemodelle ein, die Qualität, Bedarf und
regionale Ausgewogenheit stärker berücksichtigen und auch kleinen Kommunen
echte Teilhabe ermöglichen.
- Das Land soll sicherstellen, dass die Infrastrukturmittel aus dem
Sondervermögen des Bundes bürokratiearm für Investitionen in den Kommunen
verwendet werden können.
- Die Investitionstätigkeit der Kommunen darf nicht durch die
Kommunalaufsicht von Land und Kreisen unnötig beschränkt werden. Das gilt
erst recht mit Blick auf die zu erwartende zusätzliche
Investitionstätigkeit der Kommunen aufgrund der Bundesmittel aus dem
Sondervermögen. Diese Investitionen dürfen durch die Kommunalaufsicht
nicht ausgebremst werden. Grundsätzlich ist die Genehmigungspraxis zu
evaluieren und vor allem stärker an die Regeln der Doppik anzupassen.
Neben der Verschuldung sollten weitere Kennzahlen (wie zum Beispiel
Sanierungsstau oder Umsetzungsquote) berücksichtigt werden.
Die Kommunen sind die Keimzelle unserer Demokratie. Die Menschen erleben den
Staat vor ihrer Haustür. Daher ist es besonders wichtig, dass die Infrastruktur
vor Ort funktioniert und damit der gesellschaftliche Zusammenhalt gewährleistet
wird. Dafür benötigen wir eine gut funktionierende Verwaltung vom Amt bis zur
Landeshauptstadt und eine ausreichende finanzielle Ausstattung unserer Kreise,
kreisfreien Städte sowie kreisangehörigen Städte und Gemeinden.
Begründung
Ergänzung Begründung:
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit hat zum Schließen von Steuerlücken umfangreiche Vorschläge gemacht. Allein die Schließung der Lücken wie der Holdingregel bei der Einkommenssteuer, dem Verrechnungspreissystem bei der Körperschaftssteuer, der Stundungsregel bei der Erbschaftssteuer, dem Umsatzsteuerkarussell und der Wiedererhebung der Vermögenssteuer würden nach ihren Berechnungen zu Steuermehreinnahmen von ca. 100 Mrd. führen. Eine Verdoppelung des Anteils der Kommunen an der Einkommensteuer würde zum Beispiel 50 Mrd. Euro mehr für die Kommunen bedeuten.
Unterstützer*innen
- Oliver Lorentzen (KV Pinneberg)
- Birgit Graf (KV Herzogtum Lauenburg)
- Bianca Nienaber (KV Neumünster)
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