| Veranstaltung: | Landesparteitag S-H November 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 21 Anträge |
| Antragsteller*innen: | Moritz Bührmann (KV Kiel) Maya Diedrichs (KV Kiel) Florian Juhl (KV Pinneberg) Jörn Pohl (KV Kiel) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 14.11.2025, 14:12 |
A30 Ä1: Globalalternative - Für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr
Antragstext
Frieden, Freiheit und Stabilität in Europa sind keine Selbstverständlichkeit.
Deutschland steht zunehmend vor Bedrohungen durch Desinformation, hybride
Angriffe und internationale Krisen. Auch durch das unwägbare Agieren vormals
verlässlicher Partner sind wir gezwungen, mehr Verantwortung übernehmen zu
müssen - für uns selbst, für unsere Gesellschaft und für die Zukunft Europas.
Autoritäre Staaten, insbesondere Wladimir Putins Russland nehmen eine immer
aggressivere Haltung gegenüber uns ein. Jeden Tag erleben wir Angriffe auf
unsere kritische Infrastruktur, unsere Industrie und demokratische
Institutionen. Russische Kampfdrohnen und Kampfjets verletzen regelmäßig
europäischen Luftraum. Flughäfen werden behindert, und Spionagedrohnen kreisen
über Militärstützpunkten und der kritischen Infrastruktur. Es ist bereits bei
uns in Schleswig-Holstein zu Sabotagaktionen an LNG-Pipelines gekommen. Die
Spitzen unserer Sicherheitsbehörden, der Bundeswehr und der Nachrichtendienste
sprechen mit Blick auf ein zunehmend aggressives Agieren Russlands davon, dass
wir uns längst in einem hybriden Krieg befinden.
Schon in Kürze könnte Russland unter Vladimir Putin in der Lage sein, einen
NATOBündnispartner anzugreifen. Wir müssen uns daher jetzt in die Lage
versetzen, Russland effektiv abzuschrecken.
Während wir im Osten bedroht werden, ist im Westen auf unseren stärksten
Verbündeten, die USA, derzeit nur noch sehr bedingt Verlass. Der Zerfall
demokratischer Institutionen hat sich seit dem Amtsantritt von Donald Trump
massiv beschleunigt. Wir dürfen nicht darauf vertrauen, dass die USA wieder auf
den Kurs der liberalen Demokratien zurückkehren. Unsere mangelnde eigene
Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit macht uns erpressbar, wie man im
Zollstreit mit der EU gesehen hat.
Sicherheit bedeutet jedoch weit mehr als nur militärische Stärke. Sie umfasst
zivilen Konfliktschutz, Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und die
Förderung einer starken, engagierten Zivilgesellschaft, die möglichst resilient
ist.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein spricht sich daher für die Einführung
eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres für junge Menschen aus. Wir fordern
die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf, auf eine verfassungs- und
völkerrechtskonforme Umsetzung hinzuwirken. Das Gesellschaftsjahr kann nach
eigener Wahl in folgenden Bereichen abgeleistet werden:
• Soziale Dienste
• Kulturelle Dienste
• Ökologische Dienste
• Dienste im Bevölkerungsschutz
• Wehrdienst
Diese, der Allgemeinheit zu Gute kommenden Dienste sollen, soweit möglich, auch
international abgeleistet werden können, um Austausch, Weltoffenheit und
interkulturelles Lernen zu stärken. Aufgrund besonderer Umstände kann von der
Pflicht auf Antrag befreit werden. Darüber hinaus soll freiwilliges Engagement
über alle Altersgruppen hinweg gefördert werden.
Durch die verpflichtende Teilnahme am Gesellschaftsjahr werden nicht nur
persönliche Kompetenzen gestärkt, sondern die Dienstleistenden begegnen auch
Menschen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten und Kulturen. Dies liefert einen
wichtigen Beitrag zum Abbau von Fremdenhass, Faschismus und Vorurteilen und
fördert gleichzeitig gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratieverständnis und
Solidarität.
Wir sind uns den massiven Belastungen für junge Menschen, gerade in den
vergangenen Jahren, bewusst. Die junge Generation hat in den letzten Jahren
überproportional die Belastungen der Corona Pandemie getragen. Die Schließungen
von (beruflichen) Schulen und Universitäten haben zur Vereinsamung junger
Menschen geführt. Eine Aufarbeitung oder gar Entschädigung findet bis heute nur
unzulänglich statt.
Um die junge Generation nicht zu verlieren, muss das Gesellschaftsjahr mit einer
Entschädigung verknüpft werden. Diese soll die Belastungen durch das
Gesellschaftsjahr ausgleichen. Wir können von der jungen Generation keinen
Dienst erwarten, ohne dass die Gesellschaft ihnen dafür echte Gegenleistungen
gewährt.
Daher setzt sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein des Weiteren ein für
1. die angemessene Zahlung eines Unterhalts, damit während des
Gesellschaftsjahres keine Abhängigkeit von familiärer Unterstützung besteht,
2. einen Wohnkostenausgleich in Gebieten mit einem angespannten Mietmarkt für
Dienstleistende,
3. einen kostenlosen ÖPNV für Dienstleistende,
4. die Befreiung vom Rundfunkbeitrag der Dienstleistenden,
5. freien Eintritt in staatlich getragenen bzw. -geförderten Einrichtungen (wie
z. B. in Museen und Schwimmbädern) für Dienstleistende,
6. eine institutionalisierte Mitbestimmung der Dienstleistenden bei der
Ausgestaltung des Gesellschaftsjahres in Form von einer von ihnen gewählten
Vertretung,
7. vielfältige Beratungs- und Informationsangebote,
8. die Anrechnung von einschlägigen Kompetenzen in Bildung und Ausbildung (wie
z. B. Ausbildungszeit, Wartesemestern etc.),
9. ausreichende Mittel für die Träger des Gesellschaftsjahres und
10. die Sicherstellung von inklusiven Zugängen, Barrierefreiheit und
diversitätssensible Ansprache durch zusätzliche Mittel.
Anträge in einfacher oder leichter Sprache
Unsere Sicherheit ist in Gefahr
Frieden und Freiheit in Europa sind nicht selbstverständlich. Deutschland hat neue Gefahren. Zum Beispiel falsche Nachrichten und versteckte Angriffe. Oder Streit in der Welt. Wir müssen mehr Verantwortung übernehmen. Für uns selbst, für unsere Gesell·schaft und für Europa.
Russland ist eine Gefahr. Jeden Tag gibt es Angriffe im Internet. Die Angriffe sind gegen wichtige Einrichtungen. Wichtige Einrichtungen sind zum Beispiel Strom·werke oder Kranken·häuser. Russische Flugzeuge und Drohnen fliegen unerlaubt in unserem Luft·raum.
Flughäfen werden gestört. Spionage·drohnen fliegen über Stütz·punkten vom Militär. Putin könnte bald unsere Partner·länder angreifen. Partner·länder sind Länder, die mit uns befreundet sind. Wir müssen Putin jetzt abschrecken. Abschrecken heißt: Wir müssen so stark sein, dass er Angst vor einem Angriff hat.
Im Osten ist die Gefahr aus Russland. Im Westen ist unser stärkster Partner die USA. Aber wir können uns nicht mehr auf die USA verlassen. Wir müssen selbst stärker werden. Wenn wir nicht stark sind, können andere uns unter Druck setzen.
Sicherheit ist mehr als eine starke Armee. Sicherheit bedeutet auch: Streit ohne Waffen lösen. Anderen Ländern helfen, sich zu entwickeln. Menschen in Not helfen. Und dass viele Menschen in der Gesellschaft freiwillig mitmachen.
Der Vorschlag: Das Gesellschafts·Jahr
Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Schleswig-Holstein macht einen Vorschlag. Sie wollen ein Gesellschafts·jahr für junge Menschen. Das Gesellschafts·jahr soll eine Pflicht sein. Junge Menschen können selbst auswählen, wo sie den Dienst machen.
Man kann wählen: Im sozialen Bereich. Zum Beispiel in der Pflege. Im Bereich Kultur. Zum Beispiel im Museum. Im Umwelt·schutz. Beim Bevölkerungs·schutz. Zum Beispiel beim THW. Oder bei der Bundes·wehr.
Man soll den Dienst auch in einem anderen Land machen können. Dort lernt man neue Menschen und Kulturen kennen. Wenn man wichtige Gründe hat, muss man den Dienst nicht machen. Ältere Menschen sollen auch freiwillig helfen. Freiwillige Hilfe soll gefördert werden.
Bei dem Gesellschafts·jahr lernt man viel. Man trifft Menschen, die ganz anders leben. Das hilft gegen Hass auf Fremde und gegen Vor·urteile. Es stärkt den Zusammen·halt in der Gesell·schaft. Es ist gut für die Demokratie.
Was junge Menschen dafür bekommen sollen
Wir wissen: Das ist eine schwere Belastung für junge Menschen. Junge Menschen hatten es in der Corona-Zeit sehr schwer. Schulen und Universitäten waren geschlossen. Viele junge Menschen waren oft allein. Sie haben dafür bisher zu wenig Hilfe bekommen.
Das Gesellschafts·jahr muss einen Ausgleich haben. Dieser Ausgleich soll die Belastung wieder gut machen. Wir können keinen Dienst von jungen Menschen erwarten. Jedenfalls nicht ohne eine echte Gegen·leistung.
Deshalb fordern die GRÜNEN in Schleswig-Holstein:
1. Die Dienst·leistenden sollen genug Geld zum Leben bekommen. Sie sollen nicht vom Geld ihrer Eltern abhängig sein.
2. In teuren Städten soll es extra Geld für die Miete geben.
3. Die Dienst·leistenden sollen kostenlos Bus und Bahn fahren.
4. Sie sollen keinen Rundfunk·beitrag bezahlen müssen.
5. Sie sollen kostenlos in Museen oder Schwimm·bäder gehen dürfen. Das gilt für Einrichtungen vom Staat.
6. Die Dienst·leistenden sollen ein Recht zum Mit·reden haben. Sie sollen selbst bestimmen, wie das Jahr abläuft. Dafür sollen sie eigene Sprecher wählen.
7. Es muss viele Angebote für Beratung und Infos geben.
8. Das Jahr soll für die Ausbildung oder das Studium anerkannt werden. Zum Beispiel als Warte·semester.
9. Die Orte, wo man den Dienst macht, brauchen genug Geld.
10. Alle sollen mitmachen können. Die Plätze müssen barriere·frei sein.
Unterstützer*innen
- Jan Kürschner (KV Kiel)
- Sebastian Burmeister (KV Plön)
- Hans-Joachim Schlüter (KV Flensburg)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Aminata Touré (KV Neumünster)
- Martina Leverenz (KV Segeberg)
- Uta Bergfeld (KV Schleswig-Flensburg)
- Karl-Martin Hentschel (KV Plön)
- Claudia Linker (KV Flensburg)
- Stephan Wisotzki (KV Lübeck)
- Oliver Lorentzen (KV Pinneberg)
- Dirk Behrens (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Silke Schiller-Tobies (KV Kiel)
Kommentare
Philipp Schmagold:
Solche Pflichtdienste entsprechen erstens nicht unserer Vorstellung eines selbstbestimmten Lebens. Und gerade im Bezug auf die laufende Aufrüstung sollten wir kritisch hinterfragen, ob wir durch unsere bisherige Prioritätensetzung zu viele andere Aufgaben links liegen lassen.
Danke! 💚