| Veranstaltung: | Landesparteitag S-H November 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 21 Anträge |
| Antragsteller*in: | LAG Gesundheit (dort beschlossen am: 20.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 22.10.2025, 18:52 |
A11: Kinderschutz stärken – ungesunde Verkaufsanreize und Kinderwerbung eindämmen
Antragstext
Der Landesparteitag möge beschließen:
Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein (LAG-Gesundheit) fordern, dass Kinder
und Jugendliche wirksam vor gezielter Werbung und Verkaufsstrategien für
ungesunde, stark verarbeitete und zuckerhaltige Produkte geschützt werden.
Hierfür sollen zukünftig folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
- Werbung für stark zuckerhaltige, stark verarbeitete und nährstoffarme
Produkte, die sich gezielt an Kinder richtet, wird wesentlich
eingeschränkt.
- Anpassung der Platzierung von ungesunden Lebensmitteln (insbesondere
solche, die hohe Anteile an Zucker, Salz oder gesättigten Fette enthalten)
überall dort, wo Kinder regelmäßig einkaufen oder konsumieren,
insbesondere in Supermärkten, Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen.
- Dies gilt insbesondere für den Bereich direkt an Supermarktkassen
(sogenannte „Quengelzonen“), die schrittweise umgestaltet werden sollen,
um gesundheitsförderliche Alternativen zu fördern.
- Für sogenannte HFSS-Produkte (Lebensmittel mit hohem Fett-, Salz- oder
Zuckergehalt – high in fat, salt or sugar) sollen Werbe- und
Verkaufsstrategien maßgeblich reduziert werden,
gemäß einem Modell des britischen Gesundheitsministeriums zur Berechnung
von Nährwertprofilen (3).
- Diese Einschränkungen gelten täglich von 5:30 Uhr bis 21 Uhr für
Fernsehsendungen und On-Demand-Programme im gesamten Bundesgebiet sowie
für bezahlte Werbung für HFSS-Produkte im Internet.
Die Umsetzung soll im Rahmen einer Bundesratsinitiative erfolgen.
Begründung
Der Staat darf es nicht hinnehmen, dass in unserem Alltag gezielt gesundheitsschädliche Anreize geschaffen werden, etwa durch die Platzierung von Süßwaren und Snacks in sogenannten „Quengelzonen“ an Supermarktkassen oder durch digitale Werbeformate, die Kinder unmittelbar ansprechen.
Diese Praktiken fördern ungesundes Ernährungsverhalten, unterlaufen Präventionsbemühungen und widersprechen dem staatlichen Schutzauftrag gegenüber Kindern. Kinder müssen in einer Umgebung aufwachsen, die gesundes Verhalten erleichtert und nicht in einer, die sie permanent zu ungesunden Entscheidungen verführt.
Kinder sind besonders anfällig für Werbung und emotionale Verkaufsreize. Süßigkeiten in Griffhöhe an der Kasse oder Online-Spiele mit Produktbezug wirken gezielt auf Kinder und Jugendliche. Damit werden ungesunde Ernährungsgewohnheiten schon früh antrainiert und dies mit Folgen für die gesamte Lebenszeit.
Übermäßiger Zuckerkonsum und stark verarbeitete Produkte tragen erheblich zu Übergewicht, Diabetes und anderen chronischen Erkrankungen bei. Gleichzeitig werden Eltern durch aggressive Verkaufsstrategien im Alltag unter Druck gesetzt. „Quengelzonen“ sind ein Symbol für ein System, das wirtschaftliche Interessen über die Gesundheit von Kindern stellt.
Wenn Prävention ernst genommen wird, darf der Staat solche gesundheitsgefährdenden Anreize nicht dulden.
Andere Länder wie Großbritannien oder Chile zeigen, dass gezielte Einschränkungen von Werbung und Produktplatzierung erfolgreich wirken: Sie führen zu gesünderen Kaufentscheidungen, senken den Zuckerkonsum und entlasten langfristig das Gesundheitssystem.
Mit diesem Antrag bekennen wir uns zu einem aktiven Kinderschutz, der bei den Ursachen ansetzt und nicht erst bei den Folgen. Gesundheit darf keine Verhandlungssache an der Supermarktkasse sein.
Wissenschaftliche Grundlage und internationale Erfahrungen:
Lebensmittelwerbung beeinflusst das Ernährungsverhalten von Kindern unter 14 Jahren nachhaltig. Dies hat u.a. eine Studie von Forschenden aus GB gezeigt (1). Der übermäßige Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett oder Salz trägt zur Entstehung von Übergewicht und Adipositas und damit verbundenen Krankheiten bei. Auch in Deutschland sprechen sich medizinische Fachgesellschaften, Verbraucherorganisationen und Krankenkassen für mehr Kinderschutz in der Werbung bzw. für ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Salz oder Fett aus.
Deutschland hat eins der teuersten Gesundheitssysteme in der Welt. Andererseits belegen aktuelle Studien, dass wir bezüglich der Qualität nur im Mittelfeld der westeuropäischen Staaten liegen. Deutschland gehört in Westeuropa inzwischen zu den Schlusslichtern bei der Lebenserwartung (2). Die Autoren dieser Studie begründen den relativ niedrigen Wert der Lebenserwartung in Deutschland damit, dass zu wenig Wert und Engagement auf die Vorbeugung gelegt wird und nicht zuletzt die Reklame für ungesunde Ernährung nicht eingeschränkt wird (2)
Referenzen:
- Lauren K. Bandy in BMC Medicine (BMC Med 18, 20 (2020))
- Grigoriev et al.: Sterblichkeitsentwicklung in Deutschland im internationalen Kontext, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 5 · 2024
- UK Parliament Research Briefing vom 04. Juli 2025: Advertising of HFSS food and drink to children
Autoren (LAG-Gesundheit): Marianne Franzke (KV Nordfriesland), Henning Vollert (KV Segeberg),
Unterstützer*innen
- Carsten Nielsen (KV Flensburg)
- Christoph Fischer (KV Segeberg)
- Zoé Engel (KV Lübeck)
- Jakob Everding (KV Plön)
- Malte Harlapp (KV Stormarn)
- Jörn Peter Böning (KV Plön)
- Philipp Schmagold (KV Plön)
- Denise Loop (KV Dithmarschen)
- Anita Davidse (KV Herzogtum Lauenburg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Ben Lüdke (KV Steinburg)
- Scarlett Schmit (KV Steinburg)
- Dieter Abraham (KV Pinneberg)
- Lorenz Mayer (KV Segeberg)
- Monika Wegener (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Sina Clorius (KV Schleswig-Flensburg)
- Bianca Nienaber (KV Neumünster)
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