| Veranstaltung: | Landesparteitag S-H November 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 21 Anträge |
| Antragsteller*in: | Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND SH (dort beschlossen am: 24.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 24.10.2025, 22:33 |
A32: Intersektionalität und Antidiskriminierung als Grundlage unserer feministischen Praxis!
Antragstext
Der Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein möge
beschließen:
Intersektionalität und Antidiskriminierung als Grundlage unserer feministischen
Praxis!
FLINTA*-Personen, die zusätzlich zu Sexismus auch von weiteren
Diskriminierungsformen wie Rassismus, Klassismus, Ableismus, Queerfeindlichkeit
oder Transfeindlichkeit betroffen sind, erleben nicht nur eine
Mehrfachbelastung, sondern eine systematische gesellschaftliche Ausgrenzung. In
einer patriarchalen und rassistischen Gesellschaft bedeutet dies für viele
FLINTA*-Personen eingeschränkten Zugang zu Sicherheit, Ressourcen, politischer
Teilhabe und gesellschaftlicher Anerkennung.
Deshalb kann ein Feminismus, der diese unterschiedlichen Unterdrückungsformen
ignoriert, weder gerecht noch wirksam sein. Um reale gesellschaftliche
Machtverhältnisse abzubauen, muss Feminismus intersektional sein – also die
miteinander verflochtenen Strukturen von Unterdrückung sichtbar machen und
bekämpfen.
Der Landesparteitag bekennt sich zur Gleichberechtigung und zum besonderen
Schutz von FLINTA*-Personen. Deshalb fordern wir:
TINA*-Personen müssen im Gewalthilfegesetz mitgedacht werden!
TINA*-Personen erleben ein überdurchschnittlich hohes Risiko für verschiedene
Formen von Gewalt – darunter häusliche Gewalt, sexualisierte Gewalt,
strukturelle Gewalt sowie Gewalt in medizinischen und staatlichen Einrichtungen.
Gleichzeitig werden sie in Hilfesystemen oft nicht mitgedacht oder aktiv
ausgeschlossen, etwa durch binäre Schutzunterkünfte, fehlende rechtliche
Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität oder Diskriminierung im Beratungssystem.
Deswegen fordern wir, dass TINA*-Personen ausdrücklich im Gewalthilfegesetz
berücksichtigt werden müssen!
Verbesserung des Selbstbestimmungsgesetzes
Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, um die Rechte von trans*,
inter, nicht-binären und agender Personen zu stärken. Es ermöglicht Menschen,
ihren Namen und ihr Geschlecht rechtlich anzuerkennen und so selbstbestimmt zu
leben. Dennoch zeigt die Praxis, dass das Gesetz noch viele Hürden enthält, die
insbesondere marginalisierte TINA*-Personen stark belasten. Hohe bürokratische
Anforderungen und fehlende rechtliche Absicherung für Menschen mit
Mehrfachdiskriminierung verhindern, dass alle Personen gleichberechtigt und
sicher ihre Identität anerkennen lassen können.
Eine Verbesserung des Selbstbestimmungsgesetzes ist deshalb notwendig, um diese
Hürden abzubauen und das Recht auf Selbstbestimmung wirklich für alle
umzusetzen. Dazu gehören unter anderem einfachere Verfahren, niedrigschwellige
Beratungsangebote und der Abbau finanzieller oder sozialer Barrieren.
Damit wir uns als Partei wirksam für marginalisierte FLINTA*-Personen einsetzen,
müssen wir die Machtstrukturen und verschiedenen Diskriminierungsformen in
unserer Gesellschaft, aber auch in unserer Partei verstehen und kritisch
hinterfragen. Wir müssen als feministische Partei unseren Feminismus
intersektional denken, um alle betroffenen Personen miteinzubeziehen.
Verstärkte Bildungs-/ und Förderungsangebote für TINA*-Personen
Um TINA*-Personen eine politische Mitsprache zu ermöglichen und sie im
politischen Kontext zu fördern, ist es notwendig, dass man ihnen verschiedene
Bildungs-/ und Fördermöglichkeiten bereitstellt.
Als Grüne setzen wir bis zu den Landtagswahlen ein Förderprogramm speziell für
FLINTA*-Personen. Das Förderprogramm muss explizit auch für TINA*-Personen
ausgeschrieben werden! Dadurch soll ein Safer Space für FLINTA*-Personen
geschaffen werden und ein Raum für den Austausch entstehen. Außerdem soll das
Programm dazu dienen, FLINTA*-Personen ein Bildungsangebot bereitzustellen und
gemeinsam politische Forderungen zu formulieren.
Es ist wichtig, dass dieser Ort nicht nur für weiße cis Frauen, sondern explizit
auch für TINA*-Personen geschaffen wird. Ansonsten werden bestehende
Machtverhältnisse reproduziert, anstatt sie gezielt zu bekämpfen!
Verstärkte Aufklärungs-/ und Öffentlichkeitsarbeit bezüglich der Lage von
FLINTA*-Personen in und außerhalb Europa!
Als Grüne machen wir durch unsere Öffentlichkeitsarbeit stärker auf die
Situation von FLINTA*-Personen in und außerhalb Europa aufmerksam. Außerdem
solidarisieren wir uns mit marginalisierenzen FLINTA*-Personen und setzen uns
öffentlich für ihre Rechte ein!
FLINTA*-Personen leiden weltweit stärker in Krisensituationen. Während
beispielsweise Naturkatastrophen sind FLINTA*-Personen stärker von den Folgen
betroffen, weil soziale und geschlechtsspezifische Ungleichheiten ihre
Handlungsmöglichkeiten einschränken. Auch in Kriegssituationen leiden FLINTA*-
Personen, beispielsweise durch die gezielte Anwendung von sexualisierter Gewalt
als Kriegsinstrument, am stärksten. Es ist extrem wichtig, auf die Situation
dieser FLINTA*-Personen aufmerksam zu machen!
Unser feministischer Kampf ist nicht vorbei, so lange FLINTA*-Personen in
unserem patriarchalen System ausgebeutet und unterdrückt werden!
Intersektionaler Feminismus bedeutet, Machtverhältnisse zu hinterfragen,
Privilegien kritisch zu reflektieren und Räume zu schaffen, in denen auch die
Stimmen derjenigen gehört werden, die systematisch unterdrückt werden.
Begründung
Machtverhältnisse abbauen statt Privilegien zu reproduzieren
Es reicht nicht, wenn wir uns nur für FLINTA*-Personen einsetzen, die in unserem System bereits Privilegien besitzen- etwa weil sie weiß, cis, akademisch gebildet oder ökonomisch abgesichert sind.
Das reproduziert bestehende Machtverhältnisse, statt sie zu bekämpfen.
Gerade aus einer privilegierten Position heraus haben wir die Verantwortung, unsere Stimme zu nutzen und uns solidarisch für jene FLINTA*-Personen starkzumachen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind. Nur so können wir langfristig unterdrückende gesellschaftliche Strukturen verändern.
Ohne einen intersektionalen Feminismus werden diese Überschneidungen der verschiedenen Diskriminierungsformen ignoriert und viele Betroffene unsichtbar gemacht.
Relevanz von intersektionalem Feminismus während Faschismus und Rechtsruck
Besonders jetzt, wenn faschistische und rechtsextreme Strukturen normalisiert werden, sind FLINTA*-Personen verstärkt von Diskriminierung und gezielter Gewalt betroffen.
Rechtsextreme/ -populistische Gruppen betreiben gezielt antifeministische Narrative, die Geschlechtergerechtigkeit, die Rechte von FLINTA*-Personen einschränken und dezimieren.
Laut dem Bundesinnenministerium haben sich queerfeindliche Straftaten auf Grund von „geschlechtsbezogener Diversität“ zwischen den Jahren 2022 und 2023 verdoppelt. (Straftaten auf Grund von geschlechtsbezogener Diversität = richten sich gegen trans*-Personen, intergeschlechtliche Personen, Menschen, mit dem Personenstand „divers“)
2022 gab es 417 erfasste Fälle von politisch motivierter Hasskriminalität gegen TINA*- Personen!
2023 hat sich diese Zahl verdoppelt und lag bei 854erfassten Fällen.
2024 ist die Zahl weiter gestiegen und lag am Ende des Jahres bei 1.162 erfassten Fällen.
Doch diese Zahlen beschreiben nur die erfassten Fälle, die Dunkelziffer ist noch sehr viel höher! Dieser Anstieg der Zahlen verdeutlicht, dass TINA*-Personen immer stärker expliziter Gewalt ausgesetzt sind!
Sie müssen Angst haben, nicht sicher nachhause zu kommen, Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt zu sein und offene Gewalt zu erleben. Wenn durch unsere Bundesregierung die Gewalt gegenüber FLINTA*-Personen geschürt und die Rechte weiter eingeschränkt werden, müssen wir laut sein und unsere Stimmen für die heben, die nicht gehört werden!
Glossar
FLINTA*-Personen: Frauen, Lesben, Intersexuelle Personen, Non-binäre Personen, Trans*-Personen, Agenda-Personen
Tina*-Personen: Trans*-Personen, intersexuelle Personen, non binäre Personen, Agenda-Personen
Quellen:
BMI/Bundesministerium
BKA
LSVD
Anträge in einfacher oder leichter Sprache
Intersektionaler Feminismus und Schutz vor Diskriminierung
Wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein, wollen:
Feminismus soll gerecht für alle sein – intersektional und gegen jede Diskriminierung!
Was Intersektionalität bedeutet
Viele FLINTA*-Personen (Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans*, agender Personen) erleben mehrere Arten von Diskriminierung gleichzeitig.
Zum Beispiel:
Eine schwarze trans* Frau erlebt Rassismus und Sexismus.
Eine behinderte lesbische Frau erlebt Ableismus und Queerfeindlichkeit.
Das nennt man Intersektionalität – also, dass verschiedene Formen von Ungerechtigkeit zusammenwirken.
Darum muss Feminismus alle Menschen sehen, die von Diskriminierung betroffen sind – nicht nur weiße cis Frauen.
TINA-Personen müssen im Gewalthilfegesetz stehen!*
TINA*-Personen (trans*, inter*, nicht-binäre, agender Personen) erleben oft:
häusliche Gewalt,
sexualisierte Gewalt,
Gewalt in Behörden oder medizinischen Einrichtungen.
Aber: Sie werden in Hilfssystemen oft nicht berücksichtigt.
Zum Beispiel:
In Frauenhäusern gibt es oft nur Plätze für cis Frauen.
Beratungsstellen verstehen nicht immer die Situation von TINA*-Personen.
Deshalb fordern wir:
Das Gewalthilfegesetz muss TINA*-Personen ausdrücklich schützen!
Selbstbestimmung stärken
Das neue Selbstbestimmungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, aber es muss noch besser werden.
Wir fordern: Mehr Schutz, mehr Rechte und mehr Sichtbarkeit für TINA*-Personen!
Mehr Bildung und Förderung für TINA-Personen*
Wir wollen, dass TINA*-Personen politisch mitreden und mitbestimmen können.
Deshalb soll es:
Förderprogramme und Bildungsangebote speziell für FLINTA*-Personen geben.
Diese Programme müssen speziell auch für TINA-Personen sein.
Dort sollen sichere Räume („Safer Spaces“) entstehen, in denen sich FLINTA*-Personen austauschen, lernen und gemeinsam Forderungen entwickeln können.
Wichtig:
Dieser Raum darf nicht nur für weiße cis Frauen sein – sonst werden Ungleichheiten wiederholt, anstatt sie zu beenden.
Mehr Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
Wir wollen als GRÜNE stärker über die Lage von FLINTA*-Personen informieren –
in Deutschland, Europa und weltweit.
FLINTA*-Personen sind oft besonders stark betroffen:
bei Naturkatastrophen,
in Kriegen,
durch sexualisierte Gewalt oder
durch gesellschaftliche Ausgrenzung.
Wir solidarisieren uns mit allen FLINTA*-Personen weltweit und setzen uns öffentlich für ihre Rechte ein.
Warum das wichtig ist
Es reicht nicht, nur privilegierte FLINTA*-Personen zu unterstützen (z. B. weiße, akademische, wohlhabende Frauen).
Wir müssen alle sehen – besonders jene, die mehrfach diskriminiert werden.
Nur so können wir echte Gerechtigkeit und Gleichberechtigung schaffen.
Gerade jetzt, wo rechte und antifeministische Kräfte stärker werden, brauchen wir einen lauten, intersektionalen Feminismus.
Denn: Gewalt gegen TINA*-Personen nimmt zu.
Zahlen zur Gewalt gegen TINA-Personen*
Laut Bundesinnenministerium:
2022: 417 Fälle von queerfeindlicher Gewalt
2023: 854 Fälle
2024: 1.162 Fälle
Und die Dunkelziffer ist viel höher.
TINA*-Personen erleben immer mehr Hass und Gewalt – auf der Straße, im Netz und im Alltag.
Wir dürfen das nicht still hinnehmen!
Unser Ziel
Wir kämpfen, bis alle FLINTA-Personen frei und sicher leben* können.
Intersektionaler Feminismus heißt:
Machtverhältnisse erkennen,
Privilegien hinterfragen,
Räume schaffen, in denen alle gehört werden.
Unterstützer*innen
- Marlene Langholz-Kaiser (KV Flensburg)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Mai Günther (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Alexandra Königshausen (KV Flensburg)
- Carsten Nielsen (KV Flensburg)
- Melissa Sieber (KV Schleswig-Flensburg)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Ben Jasper Kasch (KV Pinneberg)
- Yvonne Denecke (KV Ostholstein)
- Jacqueline Kühl (LV Grüne Jugend Schleswig-Holstein)
- Lino Weiss (KV Kiel)
- Lorenz Mayer (KV Segeberg)
- Bent Ole Aude (KV Steinburg)
- Niklas Binder (KV Schleswig-Flensburg)
- Claudia Linker (KV Flensburg)
- Bianca Nienaber (KV Neumünster)
Änderungsanträge
- Ä1 (Marlene Langholz-Kaiser (KV Flensburg), Eingereicht)
Kommentare