| Veranstaltung: | Landesparteitag S-H November 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 21 Anträge |
| Antragsteller*in: | Luise Amtsberg (KV Kiel) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 14.11.2025, 09:01 |
A1 Ä2: Globalalternative - Für Frieden, Freiheit und Resilienz — Sicherheit ganzheitlich denken
Antragstext
Frieden, Freiheit und Stabilität sind auch in Deutschland und Europa keine
Selbstverständlichkeit mehr. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine
markiert eine Zäsur in der europäischen Friedensordnung. Mit Wladimir Putin
steht uns ein aggressiver Autokrat gegenüber, der seine Interessen mit
militärischer Gewalt und massiven Völkerrechtsbrüchen durchzusetzen versucht.
Deutschland bleibt eines der Hauptangriffsziele. Wir sehen uns weiterhin
massiver hybrider Angriffe ausgesetzt – etwa durch Desinformation,
Cyberattacken, politische Einflussnahme, Sabotage und Spionage. Die Spitzen
unserer Sicherheitsbehörden, der Bundeswehr und der Nachrichtendienste sprechen
mit Blick auf ein zunehmend aggressives Agieren Russlands davon, dass wir uns
längst in einem hybriden Krieg befinden. Diese Entwicklung macht uns große
Sorge.
Ziel dieser hybriden Kriegsführung und gezielten Einflussnahmeoperationen ist
es, uns die eigene Verwundbarkeit aufzuzeigen, Verunsicherung zu stiften,
gesellschaftliche Konflikte zu vertiefen, zu spalten, zu entsolidarisieren und
das Vertrauen in unsere demokratischen Strukturen zu zerstören.
Vor diesem Hintergrund hat der Ostseeraum in den vergangenen Jahren stark an
geopolitischer Bedeutung gewonnen: Die in der Ostsee verlaufenden Pipelines,
Strom- und Datenkabel verbinden Europas Energie- und Kommunikationsnetz. Die
Schifffahrtswege, Handelsrouten und Häfen in und an der Ostsee sichern die
Versorgung in Nord- und Osteuropa.
Die wiederholten Angriffe und Sabotageakte auf kritische Infrastrukturen in
Nord- und Ostsee sowie das Agieren Russlands mit Hilfe der sogenannten
„Schattenflotte“ sind nicht nur eine ernste Gefahr für unsere Demokratie und
unseren Rechtsstaat, sie bergen auch enorme wirtschaftliche und
sicherheitspolitische Risiken für ganz Europa und gefährden zusätzlich die
äußerst sensiblen Meeresgebiete. Der Schutz maritimer Infrastruktur ist daher
derzeit zu Recht ein Schwerpunkt europäischer Sicherheits- und
Verteidigungspolitik. Auch Schleswig-Holstein kommt angesichts unserer
strategisch wichtigen Lage an Nord- und Ostsee eine besondere Verantwortung zu.
In dieser neuen Realität braucht es ein neues Verständnis von der Notwendigkeit
einer verbesserten Wehrhaftigkeit und Verteidigungsfähigkeit. Die Verteidigung
unserer Freiheit kann zweifellos nicht nur militärisch erreicht werden. Es
braucht vielmehr einen ganzheitlichen Ansatz, der Innere und Äußere Sicherheit
künftig sehr viel stärker zusammendenkt und alle Akteure, ob Polizei,
Nachrichtendienste, Bundeswehr, aber auch und vor allem die für den
Bevölkerungsschutz zuständigen Blaulichtorganisationen, von vornherein mitdenkt
und sie verzahnt. Insgesamt braucht es ein gesamtgesellschaftliches
Krisenmanagement, das zivil, politisch und militärisch wirkt und in Kooperation
von Staat und Zivilgesellschaft auf stark gestiegene Bedrohungslagen reagiert.
Wir Grünen, auch und gerade in Schleswig-Holstein, haben uns wiederholt und
intensiv mit diesen Herausforderungen auseinandergesetzt. Unsere Beschlusslagen
fordern eine neue Sensibilität und ein gesamtgesellschaftliches Vorgehen zum
Schutz unseres Staates und Europas. Hierbei muss das gesamte Spektrum an
Herausforderungen in den Blick genommen werden – von Cyber- und
Weltraumsicherheit über Energiesicherheit bis hin zu Katastrophen- und
Bevölkerungsschutz.
Weil die Bundeswehr als zentraler Garant unserer Sicherheit und wichtiger
Pfeiler europäischer und internationaler Friedenssicherung derzeit nicht
ausreichend in der Lage ist, ihre wachsenden Verteidigungsaufgaben zu erfüllen,
haben wir Grüne das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, die Beschleunigung
von Beschaffungsprozessen und strukturelle Reformen mit auf den Weg gebracht und
durchgesetzt. Schon in den damaligen Verhandlungen wollten wir auch Polizei,
Nachrichtendienste und Blaulichtorganisationen mit ins Boot holen, sind damit
aber an der Ablehnung der Union gescheitert. Im Zuge der Verhandlungen um das
neue, 500 Mrd. Euro Sondervermögen ist es uns – aus der Opposition heraus –
gelungen, einen solchen, gesamtgesellschaftlichen Ansatz zu verankern.
Wir haben uns klar zu unseren Bündnisverpflichtungen in der NATO und zur
Stärkung des europäischen Pfeilers innerhalb des Bündnisses bekannt und
gleichzeitig immer wieder darauf gedrungen, dass Deutschland und die Europäische
Union mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen – im Geist
europäischer Solidarität und Unabhängigkeit.
Wir Grünen haben immer wieder klar gemacht, dass wir, so lang Russland weiter
versucht, die Ukraine zu unterwerfen und Gebiete gewaltsam zu erobern, wir die
Ukraine weiter umfassend unterstützen werden – militärisch, humanitär und
politisch. Auch das Agieren anderer autoritäter Staaten wie China gilt es,
rechtsstaatlich entschlossen im Blick zu behalten. Auf die von ihnen ausgehenden
Gefahren machen uns die Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste regelmäßig
aufmerksam.
Vor diesem Hintergrund bekräftigt Bündnis 90/ DIE GRÜNEN in Schleswig-Holstein
erneut:
Gesellschaftliche Resilienz stärken
Die Bedrohungslage ernst zu nehmen ohne in Panik zu verfallen, setzt eine
gut informierte Öffentlichkeit voraus, die den Wert und die
Verletzlichkeit von Demokratie und Frieden versteht und die bereit ist,
unsere Freiheit, unser Recht und unsere Sicherheit zu verteidigen. Wir
setzen uns daher für ein neues Verständnis von Wehrhaftigkeit ein, das auf
gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein gründet. Wir stärken daher
auch die politische Bildung, Medienkompetenz und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt, um Desinformation, Spaltung und demokratiefeindlichen
Tendenzen entgegenzuwirken.
Integrierte Sicherheitsstrategie umsetzen
Wir bringen innere und äußere Sicherheit zusammen und stehen für einen
erweiterten Sicherheitsbegriff, der Cyber- und Weltraumsicherheit,
Energiesicherheit, Katastrophenschutz, Resilienz gegenüber hybriden
Bedrohungen und einer engen Verzahnung von zivilen und militärischen
Strukturen Rechnung trägt. Frühwarnsysteme, Sicherheitsstandards für
kritische Infrastruktur, eine engere Verzahnung der nationalstaatlich
zuständigen Stellen, sowie die Stärkung des Zivilschutzes und der
Nachrichtendienste spielen hierbei eine zentrale Rolle.
Gesamtgesellschaftliche Verteidigungsfähigkeit sicherstellen
Wir sind überzeugt, die Verteidigung unserer Freiheit und unseres Rechts
sind alles andere als reine Militärprojekte. Sie sind die Aufgabe der
ganzen Gesellschaft - für- und miteinander, zivil und militärisch. Dafür
braucht es angemessene Mittel, die zielgerichtet eingesetzt werden, um die
Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und die Fähigkeiten der
Blaulichtorganisationen gleichermaßen zu stärken und den von uns politisch
erkämpften erweiterten Sicherheitsbegriff umzusetzen.
Diplomatie und europäische Zusammenarbeit stärken
Wir stehen weiter für eine Politik, die auf Diplomatie, zivile
Konfliktbearbeitung und internationale Kooperation setzt. Unser Ziel
bleibt eine Friedensordnung, die auf Recht, Freiheit und Zusammenarbeit
basiert. Eine enge Abstimmung unter den europäischen Partnern in
multilateralen Foren ist für uns eine politische Selbstverständlichkeit.
Europäisch entschlossen handeln
Wir stehen für ein selbstbestimmtes und europäisch abgestimmtes Vorgehen,
das sich von der Abhängigkeit der eratischen Außenpolitik des
amerikanischen Präsidenten löst. Wir werden weiter nach Wegen und
rechtssicheren Lösungen suchen, die so genannten “frozen assets”, also das
in der EU eingefrorene russische Staatsvermögen nutzbar zu machen. Darüber
hinaus werben wir für eine konsequente Anwendung bestehender
internationaler Gesetze, um die Schattenflotte in der Ostsee, die eine
erhebliche ökologische und sicherheitspolitische Gefahr darstellt,
stillzulegen.
Solidarität mit der Ukraine fortsetzen
Wir stehen unverändert an der Seite der Ukraine. Wir unterstützen sie in
ihrer Selbstverteidigung, beim Wiederaufbau und auf ihrem Weg in die
Europäische Union. Unser Ziel bleibt, dass die Menschen in der Ukraine
selbstbestimmt und in Frieden leben können. Dem Versuch Russlands durch
hybride Kriegsführung zu einer Spaltung der deutschen Gesellschaft und
einer Entsolidarisierung mit den Menschen in der Ukraine beizutragen,
stellen wir uns entschieden entgegen.
Im Übrigen verweisen wir auf die bei den vergangenen Parteitagen zu der Thematik
beschlossenen, umfassenden Initiativen unD ihre Maßnahmenkataloge.
Unterstützer*innen
- Konstantin von Notz (KV Herzogtum Lauenburg)
- Anke Erdmann (KV Kiel)
- Jörn Pohl (KV Kiel)
- Lasse Petersdotter (KV Kiel)
- Uta Röpcke (KV Herzogtum Lauenburg)
- Moritz Bührmann (KV Kiel)
- Mayra Vriesema (KV Nordfriesland)
- Rasmus Andresen (KV Flensburg)
- Inga Asmussen (KV Kiel)
- Samet Yilmaz (KV Kiel)
- Noah Dico (KV Kiel)
- Malte Krüger (KV Steinburg)
- Maya Diederichs (KV Kiel)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Nadine Mai (KV Pinneberg)
- Marcel Beutel (KV Ostholstein)
- Luca Brunsch (KV Kiel)
- Matthias Lücke (KV Kiel)
- Leon Martin (KV Kiel)
- Hans-Peter Hopp (KV Ostholstein)
- Bent Ole Aude (KV Steinburg)
- Christoph Fischer (KV Segeberg)
- Scarlett Schmit (KV Steinburg)
- Karl-Martin Hentschel (KV Plön)
- Lino Weiss (KV Kiel)
- Leonard Groeneveld (KV Kiel)
- Monika Wegener (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Jasper Balke (KV Lübeck)
- Ulrike Täck (KV Segeberg)
- Gazi Freitag (KV Plön)
- Henning von Schöning (KV Plön)
- Annette Granzin (KV Ostholstein)
- Oliver Brandt (KV Herzogtum Lauenburg)
- Milena Vanini (KV Kiel)
- Adrian Grimm (KV Kiel)
- Esther Drewsen (KV Nordfriesland)
- Lasse Bombien (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Reimo Schaaf (KV Ostholstein)
- Ralf Striecker (KV Flensburg)
- Julia Grüner (KV Kiel)
- Stephan Wisotzki (KV Lübeck)
- Sebastian Bonau (KV Schleswig-Flensburg)
- Annabell Louisa Pescher (KV Flensburg)
- Bianca Nienaber (KV Neumünster)
- Max Hansen (KV Herzogtum Lauenburg)
- Karsten Ellmenreich (KV Neumünster)
- Oliver Lorentzen (KV Pinneberg)
- Silke Schiller-Tobies (KV Kiel)
Kommentare
Philipp Schmagold:
liebe Mitantragsteller*innen,
wie steht eure Globalalternative...
1. zur Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent (inklusive militärischer Infrastruktur) des Bruttoinlandsprodukts?
2. zur personelle Aufstockung der Bundeswehr um 50.000 bis 60.000 Menschen und damit verbunden zur Nutzung von bundesweit 200 zusätzlichen Militärliegenschaften? Alleine in Kiel entfallen bekanntlich 2.250 geplante Wohnungen durch die neue Aufrüstungs-Linie.
3. zur Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Vorbereitungsmaßnahmen dazu?
Ich frage, damit den Delegierten ein Vergleich erleichtert wird. Denn der von mir initiierte Antrag A1, der eurem Wunsch nach durch die von Luise formulierte Globalalternative ersetzt werden soll, positioniert sich genau zu diesen drei Punkten eindeutig.
Basisdemokratische Grüße! 🌻
Philipp